Alle Parteien gegen 2:00 Uhr
Die Stadtparteien sprechen sich geschlossen gegen die Schliesszeit 2:00 Uhr aus
Bericht der Solothurner Zeitung vom Mittwoch, 24.08.2011:
Die Kulturfabrik Kofmehl muss – amtlich und juristisch verfügt – ab nächsten Sonntag ihren Betrieb um 2 Uhr nachts beenden. Nur ein erster Schritt oder bald Realität überall in Solothurn? Wir stellten deshalb allen fünf Stadtparteien sowie Stadtpräsident Kurt Fluri die identische Frage: «Die Stadtverwaltung fährt tendenziell einen Kurs, der die flächendeckende Schliessung aller Nachtlokale um spätestens 2 Uhr im Visier hat. Kann sich das die Kultur- und Kantonshauptstadt Solothurn leisten?» Die Reaktionen fielen wie erwartet aus: Keine Partei befürwortet einheitliche Schlusszeiten um 2 Uhr; Kurt Fluri dagegen rechtfertigt insbesondere den Entscheid, das Kofmehl jeweils um 2 Uhr zu schliessen.
Rückschritt an Lebensqualität
«Die FDP hat in den vergangenen zwei Jahren mit Motionen und Interpellationen
bereits einige Male auf die Problematik hingewiesen und deutlich gemacht, dass eine Lösung gefunden werden muss», meint Gemeinderat und Fraktionschef Marco Lupi für seine Partei. «Aus unserer Sicht ist es Aufgabe des Rates, die Öffnungszeiten respektive einen sinnvollen Zonenplan zu definieren. Wer glaubt, dass man quasi ‹via Hintertür Baukommission› eine Verwaltungsidee 2 Uhr durchbringen kann, liegt falsch. Es gilt, die Wünsche der Anwohner sowie die der Betreiber und Bevölkerung abzuwägen. Eine flächendeckende Schliessung der Betriebe um 2 Uhr ist für die liberale Partei FDP kaum vorstellbar und würde einen Rückschritt an Lebensqualität bedeuten.»
Schluss um 2 Uhr «doppelt falsch»
Mit einem klaren «Nein!» beantwortet SP-Parteipräsidentin und Gemeinderätin Franziska Roth die Frage. «Wir leben und arbeiten in der Region Solothurn. Ein breites Kulturangebot liegt uns am Herzen! Die Schliessung aller Nachtlokale um 2 Uhr ist doppelt falsch: Die Stadt Solothurn ist ein Kultur-Juwel. Mit solchen Massnahmen nimmt man ihr erstens den Schliff, denn unser Kulturangebot wird beschnitten; zweitens werden die Probleme nicht gelöst, sondern verlagert.» Es sei schade, dass «die Verwaltung sich mehr mit den Problemen, die ein paar Jugendliche machen, beschäftigt, statt mit den Problemen, die unsere Jugendlichen haben». Und Roth weiter: «Wir missbilligen schlechtes Verhalten von Jung und Alt. Störfälle können aber nicht verwaltungstechnisch behoben werden.» Die SP verlange deshalb, dass die Verwaltung bei solchen Entscheiden die Politik einbezieht.
Überall 2 Uhr ist «realitätsfremd»
«Die Regelung der Öffnungszeiten der Nachtlokale und Freizeitbetriebe auf Stadtgebiet hat im Rahmen der kantonalen Vorschriften über die Nutzungsplanung zu erfolgen», stellt Barbara Streit, Vizestadtpräsidentin und CVP-Fraktionschefin, fest. Dies habe der Gemeinderat an seiner letzten Sitzung so beschlossen. «Dabei werden die Interessen der Nachtlokalbetreiber, das veränderte Ausgehverhalten der Jugendlichen, aber auch das Bedürfnis der Stadtbevölkerung auf Nachtruhe zu berücksichtigen sein.» Eine flächendeckende Schliessung aller Nachtlokale um 2 Uhr sei «realitätsfremd und wird auch nicht beabsichtigt». Je nach Standort des Nachtlokals würden auch längere Öffnungszeiten möglich sein, meint Barbara Streit und resümiert: «Die Stadt soll eine lebendige Stadt bleiben, in der sich auch die Jugend wohlfühlt.»
Unterstützung für 5-Uhr-Versuch
Die Grünen der Stadt Solothurn bezweifeln, dass «eine generelle Vorverschiebung der Schliessungszeiten auf 2 Uhr die Immissionsproblematik wesentlich verändert». Darum hält die National- und Gemeinderätin Brigit Wyss für ihre Partei fest: «Das heutige Ausgehverhalten verlangt nach Lösungen, die sowohl den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner als auch den Ansprüchen einer kulturell lebendigen Stadt gerecht werden. Wir unterstützen deshalb den vom Kanton initiierten Versuch, einzelne Lokale bis 5 Uhr offen zu halten. Deshalb bedauern wir auch, dass ausgerechnet die Kulturfabrik Kofmehl nicht an diesem Versuch teilnehmen kann, obwohl sie eigentlich der Auslöser dieser Diskussion war.»
Flexible Lösung erforderlich
Diese Frage sei für die SVP «konfliktgeladen»: Die schlafende Bevölkerung wolle Ruhe, die Betriebe und die Nachtschwärmer dagegen ein Angebot, das an Wochenenden oder speziellen Anlässen attraktiv sei, erklärt SVP-Gemeinderat Roberto Conti. «Unsere kleine Stadt lebt und hat sich kulturell und von der Gesamtattraktivität her sehr positiv entwickelt. Es ist etwas los in Solothurn. Der Ausgang der Jungen findet am Freitag und Samstag nachts statt. Das ist so und kann auch mit einer starren Schliessungszeit nicht geändert werden. Man weicht dann halt anderswohin aus. Noch schlimmer: Alle, die noch nicht ins Bett wollen, sind dann gemeinsam ab 2 Uhr vor dem Lokal und verbringen die nächsten Stunden lärmend in Gassen oder Quartieren.» Eine flexible Lösung mit liberalen Öffnungszeiten sei für eine offene, moderne Kantonshauptstadt sicher der bessere Ansatz, so Conti. Und: «Wenn dies rechtlich an Grenzen stösst, so muss diesbezüglich nach Lösungen gesucht werden.»
Kurt Fluri: Schliessungszeit 2 Uhr als «Kompromiss»
Auf unsere Frage «Die Stadtverwaltung fährt tendenziell einen Kurs, der die flächendeckende Schliessung aller Nachtlokale um spätestens 2 Uhr im Visier hat – kann sich das die Kultur- und Kantonshauptstadt Solothurn leisten?» antwortet Stadtpräsident Kurt Fluri: «Die Frage ist falsch. Schliessungszeiten der Nachtlokale sind eine Frage der Rechtsanwendung durch die zuständigen Behörden. Die städtische Baukommission und das kantonale Bauund Justizdepartement haben die Schliessungszeit für das Kofmehl auf 2 Uhr festgelegt, da der Nachtlärm die rechtlichen Vorgaben der Bau- und Umweltschutzvorschriften verletzt.» Diese seien von den politischen Behörden beschlossen worden und nicht von irgendeinem «Amtsschimmel», betont Fluri. «Obwohl die Stadt in diesem Rechtsstreit zwischen zwei privaten Parteien nicht beteiligt ist, unterstütze ich diese Schliessungszeit als Kompromiss. Konkret geht es bei dieser Stunde nicht um die Kultur, sondern um die Umsatzmaximierung und das Vergnügen. Die Interessen der Wohnbevölkerung sind aber nicht weniger wert als diejenigen der Besucher und Veranstalter von Anlässen.
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Alle Infos zum “Fall Kofmehl” gibts hier!
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